Thema „Sprachverständnisstörungen“

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Der Sprachtreff 2015 stand unter dem Motto „Sprachverständnisstörungen“. In insgesamt drei Fachvorträgen wurden unterschiedliche Aspekte und Perspektiven des äußerst komplexen Störungsbildes erörtert. Hierbei zeigte sich in allen drei Vorträgen, dass Sprachverständnisstörungen starke Auswirkungen auf das schulische Lernen und damit auch auf den späteren Lebensweg haben. Eine therapeutische/schulische Beachtung und Intervention ist daher dringend angeraten.

Den Eröffnungsvortrag hielt Frau Dr. Simone Kannengießer von der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel. Anfangs zeigte die Referentin verschiedene Ursachen für Sprachverständnisstörungen auf. So kann das Nichtverstehen von Sprache sowohl aus Struktur- als auch aus Prozessdefiziten resultieren, es können linguistische Defizite vorliegen oder Probleme mit dem Symbolisieren im Vordergrund stehen. Bereits in der Diagnostik zeigt sich die hohe Komplexität der Störung, der durch ein einzelnes Testverfahren nicht Rechnung getragen werden kann. Frau Dr. Kannengießer zeigte in Ihrem Vortrag drei wesentliche Therapiebausteine auf: die Lexikontherapie, die Therapie der Sprachverstehenskontrolle und die zielstrukturspezifische Therapie. Anhand von exemplarischen Zielstrukturen (z.B. Passivformen, Kasusmarkierungen) soll  hier die rezeptive Verarbeitung „trainiert“ werden. Allerdings wies die Referentin darauf hin, dass pauschale Verbesserungen eher nicht zu erwarten seien. Kompensatorische Maßnahme in Kooperation mit Elternhaus und Schule stellte sie daher als notwendige Ergänzung dar.

Der Vortrag von Frau Dr. Kannengießer wird als Beitrag in der Praxis Sprache erscheinen.

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Der zweite Vortrag von Frau Petra Schmitz (Werner-Otto-Institut, Hamburg) beschäftigte sich mit der therapeutischen Umsetzung der Sprachverstehenskontrolle/ Monitoring des Sprachverstehens. Ziel ist es hier, einen aktiven Umgang mit Sprachverständnisproblemen beim Kind zu initiieren. Erst wenn es das Misslingen von Sprachverstehen wahrnimmt, kann es aktiv und angemessen darauf reagieren. Die Referentin zeigte verschiedene Module ihres Therapiekonzeptes auf, die nicht als festes Programm in einer bestimmten Reihenfolge durchgeführt werden müssen, sondern aus denen individuell für jedes Kind ausgewählt werden kann. Beispielhaft zu nennen wären hier das Erarbeiten von günstigen Zuhörerverhaltensweisen sowie der  Aufbau einer Fragehaltung. Ausgehend von vier Basismodulen wird die Sprachverstehenskontrolle zunächst auf Wort- und dann auf Satz-/Textebene mit dem Kind erprobt und eingeübt.

Der Abschlussvortrag von Herrn PD Dr. Andreas Mayer zeigte Kriterien zur sprachlichen Optimierung von Lesetexten für spracherwerbsgestörte Kinder auf. Ausgehend von zahlreichen Studien machte der Referent deutlich, wie sehr schulisches Lernen von spracherwerbsgestörten Kindern beeinträchtigt ist, nicht nur im Fach Deutsch. Gründe für die beschriebenen Lernschwierigkeiten liegen einerseits in der weitgehend sprachlichen Vermittlung von Lerninhalten in der Schule als auch in der eingeschränkten Entfaltung kognitiver Potenziale bei Kindern mit einer Spracherwerbsstörung. Anhand konkreter Beispiele zeigte Herr Dr. Mayer verschiedene Kriterien zur Textoptimierung auf. Zu nennen wären hier beispielsweise die Auflösung hypotaktischer Satzgefüge, die Vermeidung reversibler Passivkonstruktionen oder die Umwandlung unregelmäßiger Imperfektformen. Potenziell schwierige Wörter sollten nach Ansicht des Referenten nicht pauschal eliminiert, sondern vielmehr exemplarisch elaboriert werden. Es wurde deutlich, dass sprachliche Stolpersteine in Lesetexten oft nicht ganz einfach zu identifizieren sind, da diese von Erwachsenen oft unbewusst verwendet und damit in der Analyse schnell übersehen werden.

Der Vortrag von Herrn Dr. Mayer wird ebenfalls in der Praxis Sprache erscheinen.

Literaturblog: Lies doch einfach

Im Anschluss an den Vortrag von Herrn PD Dr. Andreas Mayer wies eine Teilnehmerin auf ihren Blog „Lies doch einfach“ hin. Dieser bietet Lesetipps und Leserberatung für kleine und große Erstleser, Menschen mit Leseschwäche oder Sprachverständnisstörungen sowie für Leser mit Deutsch als Zweitsprache.

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